Hinter uns wird die Tür geschlossen. Die Waldwege sind mit Holzbalken abgegrenzt. Wir dürfen sie nicht verlassen. Ranger in gelben Shirts überwachen uns.

Klingt irgendwie strange, nicht wahr?

Wir sind nicht etwa Strafgefangene, sondern Besucher eines Wildtierparks. Meine Begleiterin ist Marianne Kaindl, Germanistin, Webdesignerin, Marketingfachfrau, Fotografin, Autorin und Preisträgerin.

Der Ort ist der Affenberg in Salem. Insgesamt hat der Gründer weltweit mehrere Kolonien für Berberaffen aufgebaut. Sie leben in einem großen Freigehege. Diese Kolonien sind der Pool, aus dem immer wieder Tiere in Nordafrika ausgewildert werden. So wird die natürliche Population dieser gefährdeten Tierart wenigstens ansatzweise stabilisiert.

In Salem lebt auch eine große Storchenkolonie, eine Gruppe Damwild, ein paar Enten, Bläßhühner und Schwäne. Sie alle fügen sich in das Konzept des Parks ein. Sie kennen ihre Menschen – ich denke sogar, sie betrachten sie als wandelnde Futterautomaten. Die hölzerne Abgrenzung der Wanderwege sind der Übergabepunkt für das Futter. Tatsächlich teilen uns die Ranger das Futter zu und überwachen die Einhaltung der Regeln. Wir dürfen den Affen nur das von den Rangern hergestellte Popcorn geben, wir dürfen die noch schwarz gefärbten Babies nicht füttern, und wir dürfen für die anderen Tiere nur aus den aufgestellten Futterboxen entnehmen. Das ist für uns gratis – aber sicher ist die Menge begrenzt um die Tiere nicht zu überfüttern. Tatsächlich machen alle Tiere einen zufriedenen und gut genährten Eindruck.

Fast am Ende des Rundgangs sollen wir sehen, daß die Ranger auch die Affen überwachen. 2 Halbwüchsige wollen wohl einen Streit auf dem für Menschen vorgesehenen Weg austragen. Der Ranger kommt näher und macht eine Geste … die Affen schauen wie ertappte Sünder und verlegen ihre Diskussion in die korrekte Zone.

Berberaffen leben in Gruppen. Interessanterweise kommen sie mit unserem Klima sehr gut zurecht. Nur so können diese Kolonien überhaupt funktionieren. Die Tiere erreichen im geschützten Umfeld ein Alter von über 30 Jahren … allerdings entwickeln sie sich langsam und „brauchen“ gut 8 Jahre um erwachsen zu werden. Da sie es in der Paarungszeit ziemlich wild treiben, kennen die Babies nur ihre Mutter. Die Väter kennen ihre Kinder nicht. Dafür kümmern sie sich hingebungsvoll um jedes „Kleine“ in der schwarzen Baby-Färbung. Sie tragen sie herum und bewachen sie. Fast schon menschlich wirkt, wie sie Kleine an einem Beinchen festhalten, damit sie unter Aufsicht bleiben. Wir machen unsere Witzchen – über Kleinkinder in Latzhosen, sprich mit Tragegriff. Die Kleinen lernen in Sicherheit: eins von den noch halb schwarz Gefärbten verschätzt sich im Baum und hängt plötzlich kopfüber im Geäst. Es droht herunterzufallen. Aber die Mutter hat unauffällig in der Nähe gewacht und rettet die Situation.

Zur Fütterungszeit kommt ein Ranger und berichtet über ein paar Details zu den Affen. Dann verteilt er Melone, Mango, Salatköpfe. Er erläutert, was die Tiere alles fressen (sie versorgen sich während des ganzen Tages im Wald auch mit Insekten und Blättern der heimischen Bäume). Außerdem berichtet er ein paar Details über die Rangordnung in der Gruppe. Sie wird angeführt vom stärksten Männchen. Und vom stärksten Weibchen. Die Männchen kämpfen zwar „um die Krone“ aber in Wahrheit entscheidet ihre Fanbase … ihr soziales Netzwerk in der Gruppe. Das stärkste Weibchen „vererbt“ ihren Rang an ihre Tochter: in dem sie ihr in allen Belangen beisteht und so klar macht, wer sie einmal sein wird. Die ranghohen Tiere haben die erste Wahl bei interessantem Futter. Schwächere Tiere warten, bis der Leckerbissen freigegeben wird. Die sozialen Interaktionen in der Gruppe sind zu komplex, sie während eines Spaziergangs zu erfassen. Der Ranger hat Futter in ausreichender Menge und so weit auf der Fläche verstreut, daß jedes Tier komfortabel fressen kann. Er versichert uns, daß auch die rangniederen Tiere der Gruppe ein schönes Leben haben, auf dem Affenberg in Salem.

Maren Bestmann-Auchter
Tierärztin