Normalerweise sollte Atmung geräuscharm sein, fast unhörbar. Und doch gibt es Ausnahmen, in denen die ständig hörbare, schnarchende, schnorchelnde oder schnurrende Atmung als normal beschrieben wird.
Die Rede ist von der hörbaren Atmung brachyzephaler Hunde.
Was sind brachyzephale Rassen? Es handelt sich um Tiere mit stark verkürzter Schnauze, wie Möpse, aber auch Perserkatzen, und französische Bulldoggen. Sie werden gemeinhin als Qualzuchten angesehen. Fachleute bestreiten, daß die geräuschvolle Atmung dieser Tiere normal ist. Im Gegenteil, die Zucht solcher Tiere wird als tierschutzwidrige Qualzucht verurteilt.
Was ist normale Atmung? Die Luft fließt durch die Nase, streicht an den inneren Nasenmuscheln vorbei, wo sie angewärmt, grob gefiltert und befeuchtet wird. Weiter geht es an den Stimmritzen vorbei durch die Luftröhre, die Bronchien bis hinunter in die kleinsten Alveolen. Auf dem Weg werden die Verästelungen immer feiner, und weitere Staubpartikel werden abgelagert. Das Flimmerepithel als natürliches Reinigungssystem schafft diese ganzen Partikel wieder in Richtung Ausgang.
In den allerfeinsten Verzweigungen endet der Weg der Luft in den Alveolen oder auch Lungenbläschen. Dort findet der Gasaustausch statt: Sauerstoff wird an die roten Blutkörperchen abgegeben, Kohlendioxid wird von den Blutkörperchen abgenommen.
Beim Ausatmen geht es den gleichen Weg zurück, um Platz für die frische Luft des nächsten Atemzugs zu machen.
Atmung funktioniert ohne merkbare Anstrengung. Unser Körper macht es automatisch. Tatsächlich verfügt der Körper über ausgefeilte Meßsysteme und kann so die Atmung an den tatsächlichen Bedarf anpassen. Man kann zwar die Luft anhalten … aber bei einer Ohnmacht oder Bewusstlosigkeit atmet der Körper weiter. Die normale Atmung ist fast unhörbar. Man braucht Ruhe, um sie in Einzelfällen oder bei einer Untersuchung zu hören.
Die angestrengte Atmung beim Sport oder gewissen Aktivitäten darf man hören, in der Regel wird die Atmung auch schnell wieder leise. Werden die Atemwege blockiert, wird es für den Betroffenen sehr unangenehm. Atemnot und Luftmangel lösen quälende Erstickungsängste und wirklich verzweifeltes Ringen nach Luft aus, bis der Tod eintritt.
Wenn man jeden Atemzug deutlich hört, ist etwas nicht in Ordnung. Hören wir jemanden immer verschärft atmen, sind wir beunruhigt. Mit Recht. Die Betroffenen sind in der Regel gesundheitlich eingeschränkt. Häufig sind pfeifende, schnarchende oder blubbernde Atemgeräusche ein klares Anzeichen für lebensbedrohliche Probleme.
Diese Gesetzmäßigkeit gilt für alle landlebenden Säugetiere gleichermaßen.
Sie ist auch sehr sinnvoll: Atemgeräusche helfen dem Jäger, seine Beute zu finden. Kein Raubtier könnte sich anschleichen mit einer deutlich hörbaren Atmung. In freier Natur haben ständig laut oder angestrengt atmende Tiere keine Chance. Raubtiere wissen sehr gut, welche Tiere angeschlagen und damit leichte Beute sind.
Anders ist das in unserer technisierten und geschützen naturfernen Welt. Kranke Menschen und Tiere werden oft gepflegt. Sogar zur Schlachtung vorgesehene Nutztiere werden aus Gründen des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit entweder behandelt oder aber nicht mehr als Lebensmittel verwertet.
Die Wahrnehmung bestimmter Dinge verändert sich: was früher als Zeichen akuter Gefahr oder schon nahenden Todes galt, löst heute Versorger-Instinkte oder Schlimmeres aus. So wird die geräuschvolle Atmung brachyzephaler Rassen vielfach nicht mehr als Problem wahrgenommen. Oft wird sie sogar als normal beschrieben und beschönigt: Hunde, die schnurren wie eine Katze, freundlich-witziges Schnarchen und Schnorcheln … oder das Bully-Grinsen sind Beispiele dafür. Diese Tiere erobern so manches Herz im Sturm und haben ihren Liebhaberkreis, der gutes Geld dafür bezahlt.
Aber in Wahrheit leiden sie.
Lesen Sie im nächsten Beitrag, ob und wie man diesen Tieren wirklich helfen kann.
Maren Bestmann-Auchter, Tierärztin
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