Mit Logik ist nicht zu erklären, daß ein Zustand, der uns normalerweise beunruhigen würde, bei einigen Tieren normal und erwünscht sein soll. Sehen Sie dazu auch Folge 1 und Folge 2.

Diese Tiere entsprechen dem Kindchenschema mit stark verkleinertem Gesicht, relativ groß wirkendem Schädel und groß wirkenden Augen.
Mit der Behauptung, das freundliche Blubbern und Schnarchen sei normal, oder der Hund schnurre wie eine Katze wird verschleiert, daß die hörbare Atmung ein Anzeichen für lebensbedrohliche gesundheitliche Probleme ist.

Auf tierärztliche Intervention werden entsprechende Werbevideos von Züchtern nach und nach aus dem Netz genommen. Aber immer noch gibt es Unternehmen, die diese Rassen in ihrer Werbung verwenden. Immer noch gibt es sogar gebildete Menschen, denen diese Mode und das Kindchenschema wichtiger ist, als das Leiden der Tiere.

Der Konflikt zwischen Tierärzten und Züchtern verschiedener problembeladener Rassen schwelt schon lange. Der Begriff Qualzucht wurde schon vor meinem Studium geprägt.

Dieser Konflikt ist längst ein Nebenschauplatz.

Es scheint inzwischen egal, was verantwortungsbewusste Züchter mühsam erarbeiten.

Wir sind hier unmittelbar am nächsten Problem: die Zahl der vorhandenen brachyzephalen Tiere beträgt ein Vielfaches der von deutschen Züchtern gemeldeten Tiere aus Würfen brachyzephaler Rassen. Die Dunkelziffer ist kaum kalkulierbar.

Wie kommt das?

Hier stehen wir gemeinsam am Abgrund: wenn der deutsche Qualitätszüchter nicht liefert, kauft der Kunde eben woanders bequemer, schneller und billiger. Nicht registrierte „Vermehrer“ oder sogenannte „Dissidenzzüchter“ ersparen sich die Gebühren der Zuchtvereine und viele teure Untersuchungen. Teilweise werden eigene Zuchtvereine gegründet, die eine gewisse Qualität vorspiegeln. Aber tatsächlich werden vom VDH als Dachverband der deutschen Hundezuchtvereine vorgegebene sinnvolle Anforderungen eben nicht oder nicht immer eingehalten.

Wer ein solches Tier will, fragt den Tierarzt gar nicht erst und ist in der Regel auch nicht bereit, die bei einem Qualitätszüchter immer auftretende Wartezeit bis zur Abgabereife „seines Welpen“ abzuwarten.
Für den ganz eiligen Kunden und den unüberlegten Kauf gedacht, bringen Schmuggelbanden massenhaft unter übelsten Bedingungen erzeugte und extrem überzüchtete Tiere ins Land. Besonders beliebt sind natürlich die teuren Moderassen. Dazu gehören auch die brachyzephalen Rassen, die besonders stark dem Kindchenschema entsprechen.

Die Folgen sind kaum absehbar und kosten jetzt schon die Allgemeinheit erhebliche Geldsummen.

Werden illegale Transporte abgefangen, müssen die Tiere nach deutschem Tierschutzrecht versorgt und behandelt werden. Nach der amtstierärztlichen Untersuchung und Durchführung aller Maßnahmen bleibt pro Tier eine Rechnung in 3-4stelliger Höhe offen, die von den Transporteuren nicht bezahlt wird. Theoretisch könnten die Händler die Tiere zurückfordern, wenn sie die Rechnungen bezahlen würden – tatsächlich denken die gar nicht daran. Die Welpen werden in ihren Herkunftsländern so billig erzeugt, daß man beschlagnahmte Fracht einfach abschreibt.
Die Sicherungsleistungen, die den Transporteuren abverlangt werden, und der spätere Verkauf der Überlebenden decken die Kosten nicht mal ansatzweise. So bleiben die Kosten bei den Landkreisen, in denen die Transporte abgefangen werden und damit beim Steuerzahler.
Die überlebenden Tiere müssen in der Regel zunächst unter Quarantäne gestellt werden, da sie zu jung sind, um einen wirksamen Tollwutschutz mitzubringen. Das kostet mehr als die normale Unterbringung: Die beauftragten Tierschutzvereine und ihre Einrichtungen müssen hohe Anforderungen erfüllen.
Dadurch werden alle Kapazitäten so stark belastet, daß für echte Fundtiere aus dem Inland zeitweise kein Platz mehr ist. Im Herbst 2017 habe ich diesen Zustand das 2. Jahr erlebt … und es steht leider zu erwarten, daß der kommende Herbst wieder zu Lasten der echten einheimischen Fundtiere geht.

Die Kontrollen und das Abfangen solcher Schmuggeltransporte aufzugeben, ist keine Option.

Die Transporte zielen naturgemäß auf die Ballungsgebiete. In den Herkunftsländern gibt es allerlei Erkrankungen. Ich nenne hier die Tollwut als auch für Menschen gefährliche Virusinfektion. Viele Tiere sind mit Staupe und Parvovirose infiziert und können damit eine Gefahr für noch ungeimpfte Welpen und für die Tiere von Personen werden, die nicht impfen lassen. Viele Schmuggelwelpen sind von Parasiten befallen und insgesamt unterversorgt und geschwächt.

Etliche Schmuggeltransporte rutschen trotzdem durch. Die Tiere, die dann noch leben, werden über diverse Kleinanzeigenportale ohne große Kosten angeboten und möglichst schnell verkauft. Verkauft wird überall: in angemieteten Ferienwohnungen, auf Parkplätzen von Supermärkten mit Geldautomaten, auf Autobahnparkplätzen … beliebt ist alles, was Anonymität und schnelles Verschwinden ermöglicht.

Die Käufer tragen selbst ein erhebliches finanzielles Risiko und tatsächlich auch ein gewisses Gesundheitsrisiko. Schwer vorherzusagen ist, was aus einem die ersten Wochen reizarm aufgezogenen Welpen wird. Seine Entwicklung hängt davon ab, ob er rechtzeitig so gefördert werden kann, daß er zu einem sozialverträglichen Hund und nicht zu einer tickenden Zeitbombe heranwächst. Die Käufer fördern durch ihre Käufe unqualifizierte und tierquälerische Vermehrung. Damit erschweren sie eine züchterische Bearbeitung dieser Rassen.

Trotzdem sind auch die Käufer solcher Tiere Betrogene. Ihnen wird eine seriöse Zucht vorgespiegelt. Ihnen wird vorgespiegelt, daß die Tiere schon ein paar Untersuchungen hinter sich hätten und entwurmt und geimpft seien. Teilweise fahren sie weite Strecken, nur um an einer grade eben angemieteten Wohnung zu landen. Gerne wird auch behauptet, es sei der letzte Welpe, der dem Verkäufer schon ans Herz gewachsen sei … oder es gäbe noch andere Interessenten und man müsse sich schon schnell entscheiden. Manchmal sind Impfpässe und andere Dokumente gefälscht. Fast nie gibt es einen Kaufvertrag, auf dem Name und Adresse des Verkäufers sichtbar sind. In solchen Fällen wäre es tatsächlich besser, aus der Reise zum Abholen des Welpen einen Kurztrip in eine reizvolle Gegend zu machen und das Geld zu behalten.

Maren Bestmann-Auchter, Tierärztin