Neulich in der Tierarztpraxis … so können sehr viele Geschichten beginnen. Begleiten Sie mich heute in eine dieser Erinnerungen?

… saß ein kleines Kätzchen auf dem Tisch: mager, verfloht, frisch von der Mutter weg. Es sollte ein Rassekätzchen sein. Meiner Meinung nach war es ein wenig zu bescheiden entwickelt.

Die Besitzerin hatte es um eine nicht unerhebliche Summe gekauft. Ihre Freundin hatte bei der Gelegenheit ein Geschwisterchen genommen. Man hatte gleich gemerkt, daß die Kitten verfloht waren. Und war deswegen noch auf dem Heimweg bei mir vorbei gefahren.

Nachdem es gerade keine Bauernhofkätzchen gab, sollten es Rassekätzchen aus einer „privaten Hobbyzucht“ werden. Die hatte man in den Kleinanzeigen entdeckt. Die Kätzchen sollten 8 Wochen alt sein, geimpft und entwurmt. Als während des Verkaufsgesprächs auf dem einen Kätzchen Flöhe entdeckt wurden, sagte die Verkäuferin nur: ein Flohmittel sei gerade aufgebracht worden. Die Tiere hatten einen Impfpass mit dem Stempel einer namhaften Kleintierpraxis dabei. Abstammungspapiere gab es nicht. Einen Kaufvertrag gab es auch nicht – oder zumindest nicht so, wie man sich das vorstellt: Name und Adresse der Verkäuferin fehlten.
Die beiden Frauen hatten beim Kauf der Kätzchen den Eindruck, daß es sich nicht nur um eine „Hobbyzucht“ handelte. Insgesamt sei es nicht sehr sauber gewesen. Und Hundewelpen hätte man wohl auch gesehen …

Nach der Untersuchung der Kätzchen war der medizinische Teil schnell erledigt. Mit vernünftigem Futter entwickelten sie sich später gut, und sie sind an ihren beiden Wirkungsorten geliebte Familienmitglieder.

Was war falsch, warum schreibe ich das hier?

a) Die Kätzchen waren zu jung. Verhaltensexperten sind einig, daß man eine Jungkatze 12 Wochen oder länger bei der Mutter lassen sollte. Nur in Ausnahmefällen kann man davon abweichen. Diese Ausnahmefälle sind neben medizinischen Situationen auch tierschutzrelevante Unterbringung bzw. Vernachlässigung.

b) Mit hoher Wahrscheinlichkeit war die beschriebene Zucht keine Hobbyzucht. Tatsächlich gibt es dafür sogar rechtliche Regelungen. Ab einer bestimmten Zahl von Tieren und Würfen/Jahr ist eine Zucht gewerblich. Dann muß die Betriebsstätte beim Veterinäramt gemeldet werden und die Gewinne sind zu versteuern. Der gewerbliche Verkäufer muß außerdem handelsrechtliche Vorschriften einhalten (ja, es klingt böse, Handel mit Tieren. Aber was bitte ist es denn sonst, wenn ein Tier gegen Geld übergeben wird? Dann ist es auch absolut berechtigt, dem Verkäufer Pflichten aufzuerlegen.)

c) Was genau steckt hinter dem Begriff „ohne Papiere“? Tiere mit kleinen Fehlern (Farbfehler etc.) werden auch von seriösen Züchtern ein wenig günstiger abgegeben. Sie werden wegen des Preises auch gern gekauft. Die meisten Käufer wollen nicht züchten und benötigen daher keine Papiere. Üblicherweise geht man davon aus, daß ein Tier auch ohne Papiere unter Einhaltung der Tierschutzvorschriften gezüchtet und liebevoll aufgezogen wurde. Zuchtvereine erlauben ihren Züchtern nicht, mit Hund und Katze jährlich oder sogar mehrmals im Jahr zu züchten. Aber ohne einen Nachweis weiß man nicht, ob der Züchter wirklich ordnungsgemäß gemeldet ist, oder ob er wirklich den Abstand zwischen den Würfen einhält. Natürlich verkauft auch der Hobbyzüchter „ohne Papiere“. Er hat ja keine. Gewissenlose Vermehrer und Welpenschmuggler verkaufen sehr häufig auch „ohne Papiere“, nach meinen Erfahrungen auch ohne einen vernünftigen Kaufvertrag.

d) Die Kätzchen waren 8 Wochen alt, und sie sollten bereits entwurmt, geimpft, entfloht worden sein. Das ist sogar mir ein bisschen zuviel … vermutlich ist gar nichts gemacht worden. Und ja, Papiere und Stempel kann man fälschen …

Zu guter Letzt

Wie erkennen Sie beim Tierkauf Betrüger? Lesen Sie die Hinweise von Tierschutzvereinen, Zuchtvereinen und nicht zuletzt der Tierärzteschaft. Alle 3 Gruppen haben eigene Veröffentlichungen: „woran erkenne ich einen guten Züchter“. Befolgen Sie diese Ratschläge. Kaufen Sie nie aus dem Bauch heraus oder aus Mitleid. Kaufen Sie nie an irgendeinem Übergabeort (Parkplatz) oder in einer ansonsten leeren Wohnung. Wenn Sie keine ordentliche Quittung oder keinen Kaufvertrag bekommen, schreiben Sie Adresse, Namen, Telefonnummer auf. Wenn jemand auf einem Parkplatz Tiere anbietet, schreiben Sie Fahrzeugdaten und Kennzeichen auf. Oder machen Sie ein Foto.

Aus Mitleid helfen Sie den Tieren viel besser, indem Sie die Polizei zum Verkaufs- oder Übergabeort schicken. Dann wird nämlich aufgeräumt. Alle Tiere werden sofort tierärztlich versorgt, und nicht nur das von Ihnen ausgesuchte. Sie können die Tierärztin, oder den Tierarzt Ihres Vertrauens VOR dem Kauf direkt fragen. Es ist bei Kleintieren nicht so üblich, aber Sie können eine Ankaufsuntersuchung machen lassen. Das ist z.B. beim Pferdekauf so üblich. Die Kosten dafür sind gut angelegt, wenn man ein gesundes Tier möchte.

Maren Bestmann-Auchter                                                                                                                                                                           Tierärztin