Meistens ist die Arbeit einer Tierärztin eher unspektakulär, obwohl wir nahezu täglich irgendwo Leben retten.

Aber manchmal geschehen Dinge …

Das Telefon klingelte. Ich bekam ich eine wirre Geschichte von einer etwas aufgelösten Kundin zu hören.

Jemand habe ihrer Freundin ein Kätzchen abgekauft und unbedingt einen Schutzvertrag abschließen wollen. Das Kätzchen habe nun einen schlimmen Keim und jetzt solle die Verkäuferin alle Tierarztkosten und die Sanierung des durch das Kätzchen infizierten Katzenbestandes bezahlen. Die Käuferin drohte, das Veterinäramt einzuschalten und alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, bis hin zur kostenpflichtigen Verbringung des Kätzchens in eine Quarantänestation, Tierheim oder was immer … Hauptsache es würde für die Verkäuferin teuer und unangenehm.

Da hatte sich aber jemand gewaltig aufgeplustert. Und meine Kundin klang ganz so, als würde sie sich wirklich bedroht fühlen. Sie konnte sich gar nicht beruhigen.

Stutzig wurde ich beim „Schutzvertrag“, den die Käuferin ausdrücklich verlangt hatte.

Schutzverträge werden normalerweise von Tierheimen verwendet, um sicherzustellen, daß das Tier im Zweifel auch wieder an das Tierheim zurück gegeben wird.

So sagte ich der Kundin, natürlich nicht ohne den Hinweis, daß ich eben keine Juristin bin.

Dann riet ich ihr, die Untersuchungsbefunde in schriftlicher Form einzufordern. Sie nannte mir daraufhin den Tierarzt, der das Tier angeblich untersucht haben sollte. Ich hätte gerne „kurzen Dienstweg“ benutzt, aber ich konnte diesen Kollegen im Internet nicht finden. Das ist in der heutigen Zeit dann doch ungewöhnlich. Da ich nicht sicher sein konnte, ob ich den Namen richtig geschrieben, oder ob meine Kundin den überhaupt richtig übermittelt hatte, ließ ich die Suche sein. Aber ich gewann immer mehr den Eindruck, als würde da jemand nicht die Wahrheit sagen …

Ich empfahl meiner Kundin außerdem ein Gegengutachten: ihre Freundin sollte das Kätzchen in einer Praxis oder Klinik eigener Wahl untersuchen lassen. Meiner Einschätzung nach hatte sie als private Verkäuferin eigentlich nichts zu fürchten. Es ging mir vor allem darum, sicherzustellen, daß dem Kitten wirklich nichts fehlte. Und sollte es die angebliche Infektion tatsächlich geben, würde man sich eben damit auseinandersetzen und eine Behandlung einleiten.

Allerdings waren die beiden Frauen inzwischen entschlossen, das Kätzchen wieder zurückzuholen. Die Käuferin hatte sich so dargestellt, daß sie für das Wohlbefinden des Tieres fürchteten.

Viel später erfuhr ich, wie es weitergegangen war.

Die Katzenverkäuferin hatte gleich 2 Männer geschickt, das Kätzchen zurückzuholen. Die Verhältnisse dort waren eher unsauber. Das Kätzchen wurde ganz allein in einem Heizungskeller gehalten.

Für die Käuferin kam dann sowieso alles ganz anders: Das Veterinäramt und der Tierschutz waren wirklich eingeschaltet worden. Nur eben nicht von ihr, sondern von der Verkäuferin. Die Beamten und der Tierschutz sollten sowohl das Haus der Käuferin als auch das Kätzchen in Augenschein nehmen. Daraus sollte noch ein Nachspiel werden.

Die Käuferin konnte den Laborbefund nicht vorlegen, der sei „noch nicht gekommen“. Sie hatte einen weiteren Tierarzt genannt. Den gibt es nun wirklich, aber der hatte das Kätzchen niemals gesehen, geschweige denn eine Laboruntersuchung dazu beauftragt.

Eine Untersuchung fand natürlich trotzdem statt: das fragliche Kitten und seine Geschwisterchen mussten eine Untersuchung über sich ergehen lassen. Sicherheitshalber. Wundert es noch jemanden, daß kein einziges infiziert war?

Vermutlich hatte hier jemand eine Betrugsmasche entwickelt, die wir einfach noch nicht gekannt haben.

Ab jetzt ist das anders.

 

Maren Bestmann-Auchter                                                                                                                                                                           Tierärztin